Reh, Hirsch und Gämse gefährden die Artenvielfalt im Berner Wald

Überhöhte Wildbestände verhindern in grossen Teilen des Kantons, dass klimataugliche Jungbäume aufwachsen können. Das neue Wildschadengutachten des Kantons Bern unterschätzt die Wildschadensituation massiv. Um die Waldleistungen für zukünftige Generationen zu sichern, müssen die Wildtierbestände auf ein waldverträgliches Mass reduziert werden.

 

Im neuen Wildschadengutachten, das gestern vom Kanton veröffentlicht wurde, wird der Klimawandel nicht berücksichtigt. Das führt zu einer massiven Fehleinschätzung der Wildschadensituation mit gravierenden Folgen für den Wald. Auf dem Spiel stehen die Waldleistungen für zukünftige Generationen. Der Klimawandel muss bei der Beurteilung der Wildschäden zwingend einbezogen werden. Die Berner Waldbesitzer fordern den Kanton auf, mit einer klaren Strategie aufzuzeigen, wie die natürliche Waldverjüngung mit klimatauglichen Baumarten ohne unverhältnismässige Schutzmassnahmen sichergestellt werden soll. Das Jagdsystem muss so gestaltet werden, dass die überhöhten Wildbestände auf ein waldverträgliches Mass reduziert werden können. Dazu braucht es dringend eine grundlegende Überarbeitung der Jagdplanung und der Jagdvorschriften.

 

Das Wild frisst unsere klimatauglichen Jungbäume

Laut dem neuen Wildschadengutachten können auf 12% der Waldfläche im Kanton Bern standortgerechte Jungbäume nicht mehr aufwachsen, weil ihre Triebe von Reh, Hirsch und Gämse gefressen werden. Auf weiteren 26% wird der Wildeinfluss als kritisch eingestuft. Heute werden bei der Beurteilung aber nur Schäden an herkömmlichen Baumarten erfasst. Dass sich die Baumartenzusammensetzung aufgrund des Klimawandels ändert, wird im Wildschadengutachten ignoriert. Der Einfluss der Wildtiere auf den Wald wird damit massiv unterschätzt. Wichtige klimataugliche Baumarten wie die Eiche, die Weisstanne und der Bergahorn fallen in stark betroffenen Regionen stellenweise komplett aus. Für klimataugliche Gastbaumarten wie die Douglasie oder die Roteiche ist das Aufwachsen ohne unverhältnismässige Schutzmassnahmen unmöglich.

 

Kanton verlagert Probleme auf zukünftige Generationen

Der Kanton hat die Aufgabe, die Wildbestände so zu regulieren, dass standortgerechte Bäume ohne unverhältnismässige Schutzmassnahmen aufwachsen können. Seit Jahren gelingt es aber nicht, die hohen Wildbestände auf ein waldverträgliches Mass zu reduzieren. Die nachfolgenden Generationen sind von den heutigen Versäumnissen am stärksten betroffen. Das Problem wird auf die lange Bank geschoben.

 

Der zu hohe Wildbestand hat gravierende Auswirkungen auf den Wald: 

  • Wenn im Schutzwald keine jungen Weisstannen mehr nachwachsen, müssen stattdessen teure Verbauungen erstellt werden, die Häuser und Strassen vor Lawinen und Steinschlag schützen.
  • Wenn in den tieferen Lagen die Eiche wegen dem hohen Wilddruck gebietsweise ausfällt, verschwinden dort auch Arten wie der Mittelspecht, die auf die Eiche als Lebensraum angewiesen sind.
  • In Gebieten, in denen die Vogelbeere nicht mehr aufwachsen kann, verliert eine Vielzahl von Vogelarten ihre Nahrungsgrundlage.
  • Im Gebirgswald, wo natürlicherweise weniger Baumarten vorkommen, wächst wegen dem starken Wilddruck oftmals nur die weniger verbissempfindliche Fichte auf. Im Extremfall führt der selektive Verbiss zu Monokulturen.

 

 

Da Reh, Gämse und Hirsch einzelne Baumarten bevorzugt verbeissen, können sie die Baumartenzusammensetzung von ganzen Waldgebieten beeinflussen. Überhöhte Wildbestände führen so zu einem dramatischen Rückgang in der Artenvielfalt. Gerade im Hinblick auf den Klimawandel ist aber eine möglichst grosse Baumartenvielfalt wichtig. 

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