Fichte auf der Intensivstation - wie geht es dem Berner Wald?

Die Waldbesitzer im Kanton Bern rechnen im laufenden Jahr mit einer Massenvermehrung des Fichtenborkenkäfers. Gleichzeitig ist die Waldwirtschaft mit einem eingebrochenen Holzmarkt konfrontiert. Der Verband der Berner Waldbesitzer BWB rechnet mit Kosten bis 40 Mio Franken für die Bekämpfung des Borkenkäfers im ganzen Kantonsgebiet. Werden die nötigen Massnahmen nicht rechtzeitig ergriffen, kann es zu einem grossflächigen Absterben der Fichte mit weitreichenden Auswirkungen auf alle Waldleistungen kommen.

 

Die Schweiz hat im letzten Jahr gemäss Angaben der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald Schnee und Landschaft (WSL) den zweithöchsten je registrierten Borkenkäferbefall erlebt. Im Kanton Bern sind rund 250‘000 Kubikmeter Käferholz angefallen – das entspricht einem Viertel der jährlichen Holznutzung. Durch die warme und trockene Witterung im März und April des laufenden Jahres konnte sich der Fichtenborkenkäfer früher als in anderen Jahren entwickeln. Eine Umfrage des BWB bei den Waldbesitzenden im Kanton Bern ergibt, dass gegenüber dem Vorjahr eine Verdoppelung des Schadholzes erwartet wird.

 

Eingebrochene Holzmärkte erschweren die Käferbekämpfung

Zudem sind die Waldbesitzenden wegen der behördlichen Covid-19 Massnahmen mit einem stark eingeschränkten Holzmarkt konfrontiert. Bisher haben die Erlöse aus dem Verkauf des Käferholzes die Bekämpfungsmassnahmen massgeblich mitfinanziert. Aktuell können nur rund 15% der erwarteten Käferholzmenge verkauft werden. Momentan gibt es keine Signale der Schweizer Holzindustrie, dass sie mehr befallenes Holz übernehmen kann. Der BWB geht nicht davon aus, dass die nötigen Massnahmen für die Käferbekämpfung durch den Holzverkauf bezahlt werden können.

 

40 Mio Franken für die Walderhaltung

Für eine wirksame Käferbekämpfung im ganzen Kanton braucht es bis zu 40 Mio Franken. Damit könnten die befallenen Bäume gefällt und unschädlich gemacht werden. Die Massnahmen dienen dem Erhalt der noch gesunden Fichten. Wenn die Arbeiten nicht rechtzeitig ausgeführt werden, droht eine unkontrollierte Verbreitung des Borkenkäfers über das gesamte Kantonsgebiet. In einem Treffen mit Regierungsrat Christoph Ammann hat der BWB seine Erwartungen aufgezeigt. Der Umweltdirektor und sein Amt für Wald und Naturgefahren teilen die Einschätzung der Waldbesitzer, halten aber an den bestehenden Programmen fest.

 

Dramatische Auswirkungen auf Waldleistungen

Die Fichte ist die bedeutendste Baumart im Kanton Bern. Ein grossflächiger Ausfall hat weitreichende Konsequenzen für die Wirtschaft und den Wald. Der Kanton Bern hat Ende Mai mitgeteilt, dass er in diesem Jahr die genehmigten Kredite für die ordentliche Schutzwaldpflege bereits weitestgehend aufgebraucht hat. Die verbleibenden Mittel will er im Schutzwaldgebiet für die Käferbekämpfung einsetzen. Für das Mittelland wurden die Gelder im Vergleich zum Vorjahr um 20% gekürzt. Der BWB geht davon aus, dass diese Mittel bei Weitem nicht ausreichen. In den Schutzwäldern ist bei unzureichenden Massnahmen die Schutzwirkung ernsthaft in Frage gestellt. Im Mittelland dürfte die Fichte mit den verfügbaren Krediten nicht zu halten sein. Bei einer Massenvermehrung des Borkenkäfers werden die Erholungssuchenden die Wälder kaum mehr wiedererkennen. Damit die Waldleistungen nach den verheerenden letzten zwei Jahren mit Hitzesommern und Winterstürmen gesichert werden können, braucht es nun ein klares Bekenntnis der Politik zum Wald. Die Waldbesitzer sind bereit, ihren Beitrag in Form einer zeitgerechten Bekämpfung des Borkenkäfers zu leisten.

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